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Schweigespirale mit Paradoxon

Eine Spirale des Schweigens wurde bereits in den 1920er-Jahren von Ferdinand Tönnies und 50 Jahre später erneut von Noelle-Neumann beschrieben (vgl. Horst Pöttker, 2009). Die Brille der Schweigespirale aufgesetzt, öffnet aktuell einen völlig neuen Blick auf das Publikum und auf die Schwäche der journalistischen Medien (s. „Schweigespirale außer Kraft“). Doch der Blick zeigt auch ein Paradoxon.

Für Journalistinnen und Journalisten verbindet sich der Verlust an Macht und Einfluss damit, dass ihnen heute Meinungen und Sichtweisen über den Weg laufen, die sie bisher selten wahrgenommen hatten, für abwegig hielten und deshalb häufig nicht verstehen.

Warum? Die Disziplinierung infolge der Schweigespirale hatte zur Folge, dass sich die Medien mit Ansichten außerhalb der herrschenden Meinung nicht intensiv beschäftigen mussten. Sie sind deshalb kaum in der Lage – wie beispielsweise Frauke Petri und Jörg Meuthen von der AfD – etwas Handfestes entgegenzusetzen. Die Hilflosigkeit bei Interviews ist verblüffend. So wimmelt es in den Medien zwar von „Populisten“ (NZZ), doch verstanden werden deren Ideen und Haltung nicht. Verstehen ist aber – so unappetitlich das im Einzelnen auch sein mag – Voraussetzung dafür, kritisch zu berichten. (Horst Pöttker)

Das Einordnen in „Schubladen“ oder Anheften von „Etiketten“ jedenfalls durchschaut das Publikum als oberflächlich und treibt die Leute erst Recht an den einen oder andere Rand. Ein Teufelskreis. Dabei wünschen sie auf Fragen, die sie für wichtig halten oder ängstigen, Antworten.

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