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Kultur im west-östlichen Dialog

Am 13. September 20 Uhr werden im Budde-Haus Leipzig-Gohlis Frieder Schuller lesen, Elmar Schenkel moderieren und Reinhard Bohse jazzen: ein Abend mit Musik und der Angst der Parkbank vor dem Abendrot.

Autor Frieder Schuller – pendelnd zwischen Rumänien und Deutschland – stellt seinen neuen Gedichtband vor, erschienen 2016 in der Connewitzer Verlagsbuchhandlung: Die Angst der Parkbank vor dem Abendrot. Moderator des Abends ist der Leipziger Autor Elmar Schenkel. Er war Dorfschreiber in Katzendorf / Siebenbürgen, im Pfarrhaus von Frieder Schuller, zu dessen Gedichten Schenkel ein Nachwort beigesteuert hat. SUM II Jazzgesellschaft Leipzig – normalerweise zu sechst – spielt in kleiner Besetzung: Henry Wilhelm (Posaune), Reinhard Bohse (Piano), Eberhard „Ebs“ Amende (Kontrabass).

Zwischen Leipzig und Siebenbürgen (Rumänien) bestehen langjährige und vielfältige Beziehungen und Freundschaften. In den 70er- Jahren trampten viele junge Leute aus der DDR nach Rumänien. Das Land ließ sich erleben wie eine Reise in eine andere Welt  – mit abenteuerlichen Landschaften und ursprünglicher Natur. Damals lebten noch weit über zweihunderttausend Deutsche in Siebenbürgen. Aber auch viele andere Völkerschaften und Kulturen prägten das Land. Die Lebensbedingungen waren einfach bis armselig, jedoch stets verbunden mit einer überaus herzlichen Gastfreundschaft. Die Gastgeber brachen für die Fremden ihr letztes Brot. Uns begeisterten die traditionellen Tänze und Gebräuche. Die uralte Volksmusik im quirligen 7/4- und 11/4-Takt ließen uns aufhören. Und wer kannte schon eine Tulnic und deren Klänge? Auf diesen Wegen lernte der Autor in Siebenbürgen Frieder Schuller kennen. Die Freundschaft dauert, trotz unterschiedlicher Wege, über die Zeiten bis heute fort.

Ulla Heise, 1972/1980 im Verlag Koehler & Amelang Lektorin, reiste in den 1970er- Jahren ebenfalls durch Siebenbürgen und lernte dort eine Vielzahl an Kirchenburgen und deren Pfarrer kennen, die sie auf das Architektenehepaar Alida und Hermann Fabini aufmerksam machten. Im Verlag stieß ihre Idee einer Publikation innerhalb der Kulturhistorischen Reihe auf reges Interesse. Die Publikation Kirchenburgen in Siebenbürgen erschien 1985 zeitgleich als „Westausgabe“ im Wiener Böhlau-Verlag und war nach 1945 die erste umfassende Darstellung der sächsischen Kirchenburgen. Die Kirchenburgen fotografierte die Leipzigerin Karin Wieckhorst. Das Buch über die Kulturgeschichte Siebenbürgens gilt heute noch als Geheimtipp.

Elmar Schenkel berichtet seit 2011 von seinen Reisen und den Leipziger Reisenden nach Siebenbürgen. Schenkel erhielt im Pfarrhaus von Caţa / Katzendorf als erster den Dorfschreibertitel. Ihm gebührten damit die Ehre, für ein Jahr kostenlos zu logieren und ein Pferd zum Ritt übers Land nutzen zu dürfen, sowie die Verpflichtung, über Land und Leute zu schreiben.

Seit 1992 organisiert Frieder Schuller im ehemaligen Pfarrhaus seines Vaters – unmittelbar an der Kirchenburg errichtet – die Katzendorfer Kulturtage. Frieder Schuller ist nicht nur Regisseur und Filmemacher, der sich mit Siebenbürgen (Oskar Pastior) und Rumänien beschäftigt, sondern auch Lyriker, wie sein neuester Band zeigt. Schuller ist ein Verwandter des aus Siebenbürgen stammenden Leipziger Lyrikers Georg Maurer. Vielfältig also sind die Beziehungen Leipzigs zur transsilvanischen Welt.

Zu den Reisenden nach Sibiu / Hermannstadt und Katzendorf, über die Schenkel in seinen Büchern Mein Jahr hinter den Wäldern und Transsilvanien Express berichtet, gehörten u. a. der ehem. Oberbürgermeister a. D. Dr. Hinrich Lehmann-Grube, der gemeinsam mit Freunden aus Leipzig 2012 den damaligen Bürgermeister der Stadt, Klaus Johannis (heute Staatspräsident Rumäniens), im Rathaus besuchte und Frieder Schuller in Katzendorf einen Besuch abstattete.

(Elmar Schenkel, Reinhard Bohse, August 2017)

Jazz + Lyrik ist eine Veranstaltung des Gohliser Vereins zur Förderung von Kunst und Kultur e. V. in Kooperation mit dem Budde-Haus.

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