„Es ist grotesk,“ so Kurt Kister in der Süddeutschen Zeitung vom 9. November: „Was die 68er damals auch bekämpft haben – die kulturelle Hegemonie der USA – ist heute dank der US-Netzkonzerne wie Apple oder Facebook Realität geworden. Nie zuvor war amerikanisches Denken, Sprechen und Geldverdienen so verbreitet wie heute, da sich weltweit Abermillionen Menschen der Youtubisierung und Whatsappisierung unterwerfen“. Dies bestimme heute unsere Selbstdarstellung und letztlich die Sicht auf die Welt. Die USA seien „eine Mischung aus Taktgebern und Kontrolleuren in der globalen Kommunikation geworden.“
Umso verblüffender – oder folgerichtig? – ist, dass vielerorts Digitalisierung nicht begriffen wird, eigene Ideen und Lösungen zu entwickeln. So verlockend es – beispielsweise – für Zeitungsverleger scheint, viel Geld von Google&Co abzuschöpfen, doch auch ein europäisches Leistungsschutzrecht ersetzt nicht die Anstrengung, neue unternehmerische Angebote zu finden (Krachende Niederlage). Wer sich anschaut, wie heute noch bei manch deutschen Medien Werbung verwaltet wird, ist sich sicher, dass Werbung zu schalten im 19. Jahrhundert leichter funktionierte.
In einem Appell (Saarbrücker Manifest) warnen Wissenschaftler: „Während die USA das Know-how für IT-Lösungen lieferten, sei Asien eine Übermacht in der Produktion.“ Europa begnüge sich hingegen vornehmlich mit der Rolle des Käufers. Europa müsse weg von seinen Abhängigkeitsbeziehungen zu den USA und Asien. Bei der Digitalisierung handele es sich um die „enge Verknüpfung von Business- und IT-Wissen sowie dem Wissen über operative Technologien – und damit um eine völlig neue Aufgabe“.
Es scheint einfach: Wer nicht die verlängerte Werkbank des Silikon Valey spielen will, benötigt innovative Ideen für die Wertschöpfung, neue digitale Geschäftsmodelle und eine Software, „die Nutzer lieben“ (Stephan Preuss). Nicht die Daten als die angeblich neuen „Rohstoffe“ , sondern kreative Ideen entscheiden im 21. Jahrhundert über Erfolg oder Misserfolg. Digitalisierung heißt neues Denken.