Ein Denkmal wurde gestürzt bevor es stand. Vor fünf Jahren scheiterte der erste Versuch, ein Denkmal für das Revolutionsjahr 1989 in Leipzig zu bauen. Der Oberbürgermeister hatte den Widerstand völlig unterschätzt. Alles schien wunderbar eingefädelt, der künstlerische Wettbewerb tadellos ausgelobt, Millionen Euro vom Bundestag standen bereit – wer sollte ein solches Geschenk ablehnen? „ Die Kritik war wie eine kalte Dusche“, titelte am 9. Oktober 2012 ZEIT ONLINE. Die Entwürfe würden polarisieren. „Muss sich Kunst wirklich der öffentlichen Meinung unterwerfen?“, fragten die Künstler. Nein, natürlich nicht. Aber die Errichtung eines Denkmals für 1989, das an Demonstrationen mit Hunderttausenden erinnert und ein System stürzten, bedarf einer echten Bürgerbeteiligung. Die Ablehnungsgründe müssen ernst genommen werden. Geschätzt zwei Drittel der Leipziger haben sich 1989 nicht an den Montagsdemonstrationen beteiligt. Diese Mehrheit will nicht künftig an einem Denkmal ihres eigenen Versagens vorbeilaufen. Viele sind enttäuscht von der Mühsal des Alltags. Viele haben Arbeit und Beruf, andere wiederum Macht und Einfluss verloren. Da muss eine Denkmal schon – für potentielle Befürworter – gut erklärt sein. Heute – 25 Jahre nach den grandiosen Montagsdemonstrationen über Wochen und mit jeweils Hunderttausenden – wollen die Menschen mindestens beteiligt werden. Das ist großartig.
Nach der aktuellen Entscheidung für den Bau eines Einheitsdenkmals in Berlin kam vor einigen Tagen „wieder Schwung in die Leipziger Pläne, ein Freiheitsdenkmal für die Friedliche Revolution vom Herbst 1989 zu errichten“, so die Leipziger Volkszeitung. Oberbürgermeister Burkhard Jung schlug nun als Standort das Areal an der „Runden Ecken“ vor, dort wo bis 1989 die Stasi-Zentrale stand und heute sich die Gedenkstätte Museum „Runde Ecke“ und die Stasiunterlagenbehörde befinden. Keine Rede war jedoch in dem Vorschlag davon, wie und ob bei diesem Anlauf die Bürgerschaft beteiligt werden soll. Das allein ist ein Affront. Eine Beteiligung ist Voraussetzung für die Akzeptanz eines Denkmals. Das hätten der Oberbürgermeister und seine Verwaltung lernen müssen. Richtig, zu einem ergebnisoffenen Verfahren, das als echte Bürgerbeteiligung gestaltet sein müsste, gehören Mut, Vorbereitung, Zeit und Geld. Für gelingende Bürgerbeteiligungen gibt es qualifizierte Veranstaltungsformate und professionelle Beratung. Keine Frage, auch die Künstler müssten sich nicht unterwerfen, aber sie sollten wissen, worauf sie sich einlassen – oder auch nicht. So sind viele Leipziger erneut frustriert und – bei einem neuen Anlauf – nur noch schwerlich von der Barrikade herunterzuholen.