Was passiert, wenn das Vertrauen in die traditionellen Medien immer weiter abnimmt? Diese Frage ist leicht zu beantworten: Immer mehr Menschen wenden sich ab und suchen eigene Weg, sich eine Meinung zu bilden. Das kann gut gehen. Aber sie verzichten auf eine Profession, die sich – zumindest bisher – zur Aufgabe gestellt hatte, dabei zu helfen, zu informieren und Meinung zu bilden, also Richtiges von Falschem, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Sachverhalte und Argumente in Vielfalt gut zu formulieren und angemessen darzustellen. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die journalistische Kernaufgabe Meinungsbildung bei den traditionellen Medien weniger im Mittelpunkt des Interesses zu stehen scheint. Für das Publikum ist das – bewusst oder unbewusst – ein großer Verlust. Den traditionellen Medien liegt offensichtlich die investigative Recherche mehr am Herzen als die journalistische Kernerarbeit – ganz in der Tradition der behaupteten vierten Gewalt im Staate. Ausschließlich die Medien seien, so meinen sie, in der Lage, den Finger in die Wunden zu legen. Das nennt man Vorwärtsverteidigung im Rückwärtsgang.
Die klassischen Medien werden verlorenes Vertrauen nicht dadurch zurückgewinnen, dass sie ihre Kernaufgabe, die Menschen bei ihrer Suche nach Wahrheit (oder was auch immer) engagiert zu unterstützen, aus Mangel an Mut und Fähigkeit an den Garderobenhaken hängen. Diese Aufgabe übernehmen dann andere am traditionellen oder digitalen Stammtisch. „Denn die Nutzer halten jene Themen, die dort intensiv diskutiert und geteilt werden, für besonders bedeutsam, und sie lassen sich vom Klima der Diskussionen beeinflussen.“ (Marlis Prinzing, Tagespiegel). Wenn die traditionellen, private wie öffentlich-rechtliche Medien ihre Kernaufgabe Journalismus zur Meinungsbildung nicht resolut und professionell (egal in welcher Form) erledigen, dann öffnen sie das Feld für andere und machen sich selbst überflüssig. Am Ende spielt nicht einmal mehr Vertrauen eine Rolle.