„Denn je zugespitzter die Schlagzeile, desto größer die Aufmerksamkeit …“, so in Der Skandal als Lebenselixier des DLF zu einer Tagung mit dem Thema Medien. „Im Fall Wulff – während der ganzen Skandalisierung von fast acht Wochen – gab es über 500 Fernsehberichte in ARD, ZDF und RTL, das ist natürlich eine gewaltige Menge“, resümiert Prof. Hans Mathias Kepplinger, Institut für Publizistik Mainz, über die so genannte Wulff-Affäre, die 2012 mit dem Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff endete:
„Die gleichen Leute, die diese Berichte gesehen haben, die haben vielleicht auch Radio gehört, da fanden sie die gleichen Berichte drin, dann noch die ‚Bild‘-Zeitung oder eine Regionalzeitung. Das heißt, diese Menschen wurden über Wochen hinweg mit Tausenden und Abertausenden ähnlich klingenden Beiträgen konfrontiert. Und natürlich sind diese Menschen am Ende der festen Überzeugung, dass das auch den Tatsachen so ungefähr entspricht.“
Das heißt zugleich auch, dass das gesamte politische System diskreditiert wird und, so Kepplinger, der Skandalisierte „mit einer Unmasse von falschen Beiträgen leben [muss], er hat keine Chance, sich dagegen zu wehren […]. Wenn er in einer Talkshow auftritt, wird er selbst die, die er erreicht, […] nicht von seiner Sichtweise überzeugen können, weil er ja Partei ist und die Journalisten sozusagen in der Rolle der neutralen Berichterstatter schreiben.“
Kepplinger: „Also Ja zu dem investigativen Journalismus, unbedingt Nein zu einer vorschnellen Skandalisierung von Missständen.“
Doch wenn Medien, die ums Überleben kämpfen, eine Chance sehen, Aufsehen zu erregen, verlieren sie im Jagdfieber die Contenance, also die Distanz zum Thema und damit gleichzeitig ihre Glaubwürdigkeit. Ein Teufelskreis, dem mit Appellen kaum bei zukommen ist.
„Den Finger in die Wunde legen“, sodass es nachhaltig wirkt, diese Art von seriöser Medienkritik fehlt weitestgehend. Die Debatte Pegida und Wutbürgern zu überlassen, ist fahrlässig.
(Dazu Veranstaltungen zur Buchmesse.)