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Medienkritik: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt …

Dass sich Medien kritisch mit sich selbst auseinandersetzen, liegt leider noch nicht im Trend. Immer noch verstehen Medienmacher Medienkritik als Kritik an den Medien, nicht aber als Aufforderung, selbst etwas zum Thema beizutragen. Die NZZ und DIE ZEIT verhalten sich anders (und werden dafür auch gern von anderen Medien kritisiert).

Beide beschäftigen sich  intensiv mit Kritik an den Medien, der eigenen Rolle dabei und der medialen Darstellung insgesamt und einzelner Themen. So Bernd Ulrich in DER ZEIT mit Gedanken eines zeitungsmachenden Zeitungslesers. Der Journalismus müsse„das Wagnis der Hoffnung eingehen und eine Haltung finden, die durch Fehlschläge in der politischen Wirklichkeit auch widerlegt und nicht nur bestätigt werden kann.“

Oder der Essay „Wer vertraut uns noch?“ über Fehler von Journalisten, Leser in Lynchstimmung und die Verantwortung des Publikums von Götz Hamann.

„Journalisten [sind] auf einem Auge blind: Sie blicken nur negativ auf die Welt und vermitteln so den Eindruck, alles sei schlecht. Diese Negativität […] vertreibe Leser, Zuhörer und Zuschauer. Am Ende zerstöre sie nicht nur die Medien, sondern auch die Demokratie“, so der Nachrichtenchef des öffentlichen dänischen Rundfunks Ulrik Haagerup in seinem Buch Constructive News (zitiert in der NZZ).

Matthias Sander von der NZZ hält das zwar für eine „steile Behauptung“ und meint, sie sage mehr aus „über das Selbstbild einer verunsicherten Branche als über die angebliche Zerstörung der Demokratie durch den Journalismus“. Sander: „Dennoch sind Haagerups Befund einer negativen Verzerrung und vor allem sein Vorschlag eines ‚konstruktiven Journalismus‘, der Lösungen für gesellschaftliche Probleme zeigt, sicherlich eine Diskussion wert.“

Rainer Stadler äußert sich in seinem NZZ-Medienblog, dass seiner Meinung nach „weniger das Themenspektrum“ problematisch sei „ als die Art, wie Informationsvermittler ein Thema aufbereiten: Wenn sie sich in die Rolle des selbstgenügsamen Besserwissers begeben, wenn sie missliebige Personen mit Häme eindecken, wenn sie nebensächliche Versprecher eines Prominenten zur Staatsaffäre aufbauschen, einen Protagonisten auch visuell ins schlechte Licht rücken oder bloß die schlechten Argumente eines Zeitgenossen in die Öffentlichkeit tragen, aber die guten unterschlagen. Mit solchen Praktiken erregen Redaktionen den Missmut des Medienkonsumenten […].“

Während die Journalisten jahrelang nach gleichem Muster Politiker und andere Protagonisten hochjubelten, um sie kurz darauf allesamt zu Übeltätern und Versagern zu erklären – die Auswirkung widerspiegelt sich in einschlägigen Umfragen  – geraten jetzt die Medien selbst in die Schusslinie von manchmal hemmungsloser Kritik und Hass.

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