habe Christian Wulff erst die Recherchen der Medien provoziert, so der Deutsche Journalistenverband (n-tv.de). Die Journalisten selbst hätten sich beim Abgang von Christian Wulff nichts Wesentliches vorzuwerfen. Mit dieser Kritik zeigt der DJV, wie fern er von der Wirklichkeit agiert. Während eines Skandals, wenn alle Medien von allen Seiten ohne Unterlass mit immer neuen Enthüllungen (welcher Art auch immer) auffahren, dann kann keiner sich anders wehren, als Frage für Frage zu beantworten. Der Eindruck, die Antworten kämen scheibchenweise, entsteht allein durch die mediale Fragemethodik. Nach Grundsätzlichem fragt in dieser Situation kein Mensch. Nach dem Ende des Medienskandals, also mit einigem Abstand werden Leser wie Zuschauer, Unschuldige wie Schuldige und Journalisten – vielleicht – klüger sein (ZDF „Bundespräsident außer Dienst – sind Justiz und Medien zu weit gegangen?“). In dem Moment, da alle Medien wie gleichgeschaltet und gehetzt berichten, sieht keiner mehr klar, weder Medien noch die Öffentlichkeit. Da waltet Hystrie. Medienskandale, die häufiger vorkommen als vermutet (Steffen Burkhardt, Medienskandale, 2006), beschäftigen die Öffentlichkeit leider nur dann, wenn es mal gründlich schief gegangen ist – wie beispielsweise bei Christian Wulff oder vor Jahren beim Medienskandal um die Stadt Sebnitz. Wir schlucken diese medialen Nebenwirkungen, weil uns die Medien als „4. Gewalt im Staat“ unverzichtbar scheinen. Vieles kommt dabei zutage. Skandale reinigen die Luft. Mancher zeigt, was er wirklich kann. Doch von den Journalisten könnte schon etwas mehr substanzielle Selbstkritik – der eigenen Glaubwürdigkeit wegen – erwartet werden. Wer „Salami-Taktik“ als verfehlt kritisiert, der sollte wenigstens wissen, wer diese „Taktik“ provoziert